Starthilfe

Letzte Woche erhielt ich einen Anruf von einer Kollegin, die ich ein paar Tage zuvor bei einer von mir organisierten Firmenführung kennengelernt hatte. Sie wollte sich fürs Organisieren bedanken und außerdem wissen, ob ich ihr nicht ein paar Tipps geben könnte, wie sie sich als Übersetzerin etablieren könnte, da sie sich erst vor Kurzem selbständig gemacht hat. Ich hatte zwar genau dann keine Zeit für ein längeres Gespräch, sagte ihr aber, dass sie mich gerne am Abend nochmal anrufen könnte, was sie auch prompt tat. 
Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass sie wohl schon ein paar Mal andere Kolleginnen und Kollegen um Starthilfe gebeten hatte, aber nur Absagen erhielt, nach dem Motto: Das musst du schon selbst herausfinden! 
Das hat mich zunächst ein bisschen geschockt, schließlich geht es ja nicht darum, irgendwelche Geheimnisse auszuplaudern, sondern einer Kollegin, die gerade am Anfang dieser aufregenden Reise der professionellen Sprachmittlung steht, genau diesen Anfang etwas leichter zu machen. Es gibt jede Menge Tipps zum Thema Marketing, Profilierung, Spezialisierung, Vergütung, etc. mit denen ich nicht nur dem Neuling, sondern letztlich auch der gesamten Branche und somit auch mir selbst helfe ohne gleichzeitig meine “Betriebsgeheimnisse” (wenn ich denn welche habe) preis zu geben.
Nach dem Gespräch überlegte ich, warum die Kollegen (von denen ich einige persönlich kenne und das so gar nicht zu ihnen passt) so negativ auf die Anfragen reagiert haben könnten. Die einzige Erklärung, die mir plausibel erscheint, ist, dass besagte Anfragen vielleicht nicht so gut formuliert waren und als “Gib mir deine Kundendatenbank und sag mir deine Preise” rüber kamen, was aber wohl kaum die Absicht gewesen sein dürfte. Die verschiedenen kulturellen Hintergründe haben vermutlich auch eine Rolle gespielt, was aber ja gerade bei Übersetzern und Dolmetschern eigentlich kein Hindernis darstellen sollte. 
Wie dem auch sei, vermutlich gab es Missverständnisse auf beiden Seiten, und ich kann nur allen Kolleginnen und Kollegen, erfahren und neu, raten, zum einen nicht zu vergessen, dass der Ton die Musik macht, und zum anderen nicht gleich jeden als Konkurrenten zu sehen. Ich kann mich nur immer wiederholen: Nur gemeinsam sind wir letztendlich stark!

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