Laut Wikipedia bezeichnet Sprachwandel “die Veränderung oder Entwicklung einer Sprache”. Dafür gibt es nach Peter von Polenz vier Faktoren:
- Sprachökonomie: Veränderungen, die entstehen, weil Sprecher oder Schreiber aus Gründen der Zeitersparnis und Bequemlichkeit eine reduzierte Sprache verwenden. (In der neuesten Literatur wird „Ökonomie“ im Zusammenhang allerdings verstanden als (Ergebnis einer) Kosten-Nutzen-Analyse, also: wie muss ich mich ausdrücken, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?)
- Innovation: Veränderungen, die entstehen, weil das gewohnte Inventar der Sprache für kreative und nonkonformistische Tätigkeiten nicht hinreichend geeignet ist und entwicklungsbedürftig zu sein scheint.
- Variation: Die Sprachbenutzer sind flexibel in Bezug auf die Wahl sprachlicher Mittel, je nach kommunikativen Bedingungen und Zwecken.
- Evolution: Sprachgebrauch und die Beeinflussung des Sprachgebrauchs durch gesellschaftliche Kräfte bewirken Sprachwandel.
Zu diesem vierten Faktor würde ich den der politischen Korrektheit bzw. des Genderns zählen.
Ein Beispiel dafür ist das Wort “Elter”. Ich war bisher der Überzeugung, dass das Wort “Eltern” ein pluralisches ist, also nur im Plural existiert. Und um den Begriff “pluralisch” für meine Schüler verständlich zu machen, habe ich neben “Kosten” (die “Kost” gibt es zwar, aber das ist etwas ganz anderes) und “Ferien” bis einschließlich dieser Woche auch “Eltern” genannt.
Zur Veranschaulichung meinte ich dann, dass es “das Elter” ja nicht gibt, was einen findigen Schüler dazu bewegte, im Internet zu recherchieren. Und siehe da – dem ist nicht mehr so. Das (oder auch der) Elter steht ganz offiziell im Duden und ein Synonym für einen Elternteil, sodass man nicht “Vater”, “Mutter” oder eben “Elternteil” verwenden muss und damit dieser Person ein bestimmtes Geschlecht oder eine bestimmte Rolle zuschreibt.
Sprache ist ja ständig im Wandel, deswegen hatte ich erwartet, dass “das Elter” eher neueren Ursprungs ist, aber auch hier wurde ich von Wikipedia eines Besseren belehrt: “Das Wort Elter ist die (zurückgebildete) Einzahl des Pluralwortes „Eltern“, das im ausgehenden 19. Jahrhundert zunächst in der juristischen Fachsprache eingeführt wurde und seither in den amtlichen Sprachgebrauch überging. Ursprünglich nur in der Vererbungslehre und der Verhaltensforschung benutzt, wird Elter fachsprachlich in manchen Zusammenhängen auch für Menschen verwendet.”
Das war für mich dann natürlich wieder eine perfekte Überleitung zum Unterschied zwischen Fachsprache und Gemeinsprache – ich lasse selten eine Gelegenheit aus, meine Faszination und Begeisterung über Sprache und ihre Verwendung weiterzugeben, und zum Stoff gehört das ja allemal. 🙂
Spannend bleibt für mich aber auf jeden Fall die Frage, wie lange es dauern wird, bis “das Elter” auch vollständig in der Gemeinsprache angekommen ist und als “normal” angesehen wird.
Übrigens, der Duden bezeichnet “Eltern” interessanterweise immer noch als Pluralwort. Wenn das mal nicht verwirrend ist…