Komplizierte Textpassagen übersetzen

Diese Woche saß ich wieder über ein paar nicht-technischen Texten, die es teilweise so richtig in sich hatten. Gesprochenes in lesbare Form zu bringen ist ja schon in einer Sprache schwierig, aber dann das Ganze noch in eine andere zu übersetzen…!
Manchmal “flutscht” es ja so richtig, da fliegen die Finger über die Tasten, und wohl geformte Sätze fließen förmlich aus dem Hirn auf den Bildschirm. Und dann – ein Satz, eine Wendung, und mir fällt erstmal gar nichts ein. Oder nur klotzige Formulierungen, die ich eigentlich am liebsten gar nicht tippen würde, so unbeholfen klingen sie. Aber das ist ja auch ein Vorteil des Computers: man kann quasi “auf dem Bildschirm denken”, Wörter aneinander reihen, verschieben, löschen, ersetzen, bis es passt.
Nur manchmal scheint es einfach nicht passen zu wollen. Mir hilft es dann oft, den sperrigen Satz stehen zu lassen und weiter zu übersetzen – mein Unterbewusstsein rattert im Hintergrund weiter. Nicht selten kommt mir dann eine halbe Stunde später die zündende Idee. Oder während ich eine Runde mit den Hunden drehe. Oder beim Gespräch mit jemand anderem (solange es sich nicht um vertrauliche Information handelt, natürlich).
Aber manchmal habe ich diesen zeitlichen Luxus nicht, und dann heißt es: Gehirnzellen auf Höchstleistung fahren und eine Lösung finden. Dabei helfen mir ein paar Überlegungen:
  1. Was steht dann da eigentlich genau im Ausgangstext? Ist der überhaupt eindeutig, klar, verständlich und gut formuliert (was ja leider oft genug nicht der Fall ist)? Ist er am Ende vielleicht sogar fehlerhaft? Vielleicht hilft es ja, ihn umzuformulieren, in kleinere Stücke zu teilen, zu vereinfachen – was ist denn eigentlich die Grundaussage?
  2. Wie genau muss ich mich ans Original halten? Hier spielt natürlich die Textart und das Zielpublikum eine wichtige Rolle, aber selbst ein technischer Text darf auch mal etwas freier übersetzt werden, und auch ein literarischer kann etwas “wörtlicher” sein – wenn es angebracht ist.
  3. Kann ich eventuell etwas weglassen? Oder dazu fügen? Das fällt mir hin und wieder schwer, aber dann erinnere ich mich daran, dass ich als Übersetzerin ja auch schöpferisch und kreativ tätig bin und mich eben gerade nicht an den Ursprungstext klammern darf, sondern den Inhalt in die andere Sprache transportieren muss, so dass er dort genauso und genau so verstanden wird.
  4. Und ganz wichtig: Was steht davor und danach? Es ist sehr leicht sich so an einem Satz fest zu beißen, dass man quasi “betriebsblind” wird und die Lösung oder der entscheidende Hinweis einen sozusagen gleich beißt – wenn man nur ein Stück weiter lesen oder zurückblättern würde!

Und wenn ich dann das Ergebnis lese, bin ich häufig erstaunt, dass diese wunderbaren Wortgebilde auf meinem Mist gewachsen, äh, aus meiner Feder geflossen sind. 🙂

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