Ich habe ja schon vor einer Weile erwähnt, dass ich gerade dabei bin, mich beruflich noch etwas mehr zu diversifizieren. Nicht in eine komplett andere Richtung als Übersetzen oder Dolmetschen, aber in den jeweiligen Bereichen in etwas andere Richtungen. Und von einer davon möchte ich heute berichten.
Über etwas verschlungene Pfade und aus verschiedenen Gründen – hauptsächlich mal wieder in Vorbereitung für meinen Unterricht im Fach Berufskunde – bin ich auf diverse Webseiten gestoßen, über die man sich bei Agenturen für unterschiedliche Dienstleistungen anmelden bzw. bewerben kann.
Aus Neugier und auch aus Interesse habe ich mich bei mehreren über die vorgegebenen Verfahren gemeldet – und es dann prompt vergessen.
Dann bekam ich einen sehr netten Anruf, den ich zuerst überhaupt nicht einordnen konnte, bis mir wieder einfiel, dass ich mich ja u.a. auch auf dieser Webseite angemeldet hatte. Die Dame am anderen Ende wollte mich etwas kennenlernen, mit mir darüber reden, wie die Dinge bei ihnen so laufen und eventuelle Fragen oder Unsicherheiten klären, die ich zum Thema Telefondolmetschen habe.
Ja, ich höre schon, wie manche stöhnen: “Wie konntest du nur! Das sind schreckliche Arbeitsbedingungen, und die Bezahlung ist auch schlecht. Außerdem kann da doch jeder mitmachen, ob qualifiziert oder nicht, und du als Konferenzdolmetscherin solltest dich gar nicht auf dieses Niveau herablassen.”
Aber stimmt das überhaupt alles so? Ein Beweggrund, mich dort anzumelden, war, genau das herauszufinden.
Nach nun drei Monaten kann ich Folgendes dazu sagen:
Die Arbeitsbedingungen sind nicht optimal, teilweise schwierig und logischerweise nicht mit denen vor Ort oder in einer Kabine zu vergleichen. Je nachdem, welche Art von Auftrag ich bekomme und wo die Gesprächspartner sich befinden (im selben Raum, also über die Freisprechanlage kommunizieren, selbst auch am Telefon, oder an einem öffentlichen Automaten), kann es sein, dass die Nebengeräusche so laut sind oder die Verbindung so schlecht ist, dass ich mehrmals nachfragen muss.
Die Bezahlung erfolgt im 15-Minuten-Takt, und je nachdem, wie lange ein Gespräch dauert, kann es sich durchaus lohnen. Ich hatte schon 2-Minuten-Gespräche, die wirklich lukrativ waren…
Wer sonst noch für diese Agentur dolmetscht, weiß ich nicht, weshalb ich auch nichts über deren Können oder die Qualität ihrer Leistung sagen kann. Meine Gesprächspartner waren alle immer sehr froh, dass ich dabei war, und haben sich ausnahmslos für die gute Verdolmetschung und Unterstützung bedankt. Inwieweit das grundsätzlich so ist oder nur bei mir, kann ich natürlich auch nicht beurteilen – zu fragen, ob es das erste Mal mit Verdolmetschung ist und wenn nicht, wie es bisher so lief, wäre zum einen unangebracht und zum anderen auch einfach seltsam…
Was das Niveau betrifft, ist es tatsächlich ziemlich spannend. Es gibt einige unterschiedliche Themenbereiche, von technischer Unterstützung an Automaten, über Gespräche bei Behörden, bis hin zu medizinischen Terminen. Gerade Letzteres hatte mir vorab etwas Sorgen gemacht, da ich sonst eher selten bis gar nicht im medizinischen Bereich unterwegs bin, aber mir wurde seitens der Agentur zum einen versichert, dass es Unterstützung auf der Webseite gibt und zum anderen es ja darum geht, dass alle sich verstehen. Wenn also mal ein Fachbegriff fällt, den ich nicht verstehe, dann frage ich halt nach. Und selbst wenn ich ihn dolmetschen kann, bleibt ja immer noch die Frage, ob die Person, die mir zuhört, ihn versteht, d.h. ich muss ihn vermutlich sowieso erklären oder umschreiben. Bis jetzt hat das auch noch immer wunderbar geklappt, und alle Beteiligten waren zufrieden, was ja das Wichtigste ist.
Insgesamt finde ich diese Agentur sehr gut organisiert, mit viel hilfreicher Information auf der Webseite und einfachen Prozessen, über die man online seine regelmäßige Verfügbarkeit, Abwesenheiten und sogar die Rechnungen stellen kann. Und man hat auch immer die Option, einen Auftrag abzulehnen – ohne negative Konsequenzen, soweit ich feststellen konnte.
Alles in allem habe ich bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht und bin zufrieden. Deswegen werde ich das auch erstmal noch weiter machen, und sehen, wie es sich entwickelt.
Vielleicht bin ich überqualifiziert (vielleicht aber auch nicht), und mag sein, dass manche diese Art des Dolmetschens als unter der Würde einer Konferenzdolmetscherin sehen. Aber ich bin Dolmetscherin geworden, weil ich dabei helfen möchte, dass Menschen miteinander reden können, und das tue ich hiermit. Und das Gefühl zu wissen, dass ich dazu beitragen konnte, dass jemand die richtige medizinische Versorgung bekommt, genau dann, wenn es (lebens-)notwendig ist, ist ein wirklich gutes.
Foto von mmagallan