Letzte Woche war ich mal wieder zwei Tage Dolmetschen zusammen mit einer Kollegin aus Nürnberg. Am ersten Tag sollte es um 9 Uhr losgehen, weshalb wir ausgemacht hatten, spätestens um 8:30 Uhr vor Ort zu sein, gemeinsam die Technik (Flüsteranlage) aufzubauen und uns in aller Ruhe einzurichten.
Dummerweise geriet die Kollegin auf der Autobahn in einen Stau, so dass ich zwar pünktlich beim Kunden ankam, aber ohne Technik.
Nach mehreren Telefonaten lösten wir das Problem schließlich so, dass ich gemeinsam mit dem Kunden erstmal vorne auf der Bühne stand und konsekutiv gedolmetscht habe, bis die Kollegin samt Flüsteranlage kam. Sie hatte es doch noch geschafft, sich aus dem Stau zu lösen und war um 9:15 Uhr da.
Die Begrüßung und Einführung waren sowieso gerade fertig, also gab es eine kurze Pause, in der wir die Kopfhörer verteilten und alles startklar machten, dann ging es simultan weiter.
Der Rest der zwei Tage verlief dann ohne weiteren Probleme und der Kunde äußerte sich sehr zufrieden mit unserer Arbeit, was ja auch die Hauptsache ist.
Meine Kollegin überraschte mich dann aber, als sie sich dafür bedankte, dass ich so spontan und selbstverständlich konsekutiv angefangen hätte – scheinbar hat sie auch schon andere Erfahrungen mit nicht so willigen Kollegen gemacht.
Ehrlich gesagt finde ich das traurig und fast schon Berufs-schädigend. Es geht ja schließlich darum, dem Kunden die Dienstleistung zu geben, die man zugesagt hat, nämlich die mehrsprachige Kommunikation zu ermöglichen, auch wenn die Form aus welchem Grund auch immer zunächst vielleicht nicht so ist wie geplant. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen mich stur auf meinen Platz zu setzen und zu sagen: “Tja, tut mir Leid, aber bis die Technik da ist kann ich nichts tun!”
Wenn zwischendrin die Technik ausgefallen wäre, hätten wir ja auch trotzdem irgendwie weiter gemacht, schließlich waren viele Menschen aus ganz Europa angereist, die nicht unverrichteter Dinge oder ohne die Informationen, die sie brauchten, wieder abreisen wollten.
Nur weil die Kollegin alles organisiert und mich quasi “nur” angeheuert hat, heißt das für mich nicht, dass ich mich nicht genauso verantwortlich dafür fühle, dass alles gut läuft und der Kunde am Ende zufrieden ist.
Für mich ist Kooperation auch und v.a. unter Kollegen selbstverständlich und auch etwas, das ich erwarte, denn nur so können wir sowohl das Berufsbild als auch unsere persönliche Stellung stärken. Konkurrenzdenken ist für mich unlogisch und fehl am Platz, v.a. wenn ich direkt mit Kollegen zusammen arbeite, ob beim Übersetzen oder beim Dolmetschen. Nur gemeinsam sind wir stark, besonders in dieser Branche!
Oder wie sehen andere das?