Letzte Woche hatte ich den bis dato interessantesten und spannendsten Auftrag meiner Karriere als Übersetzerin und Dolmetscherin: Ich durfte für die Bayreuther Festspiele die Voice-overs für die Interviews aufnehmen, die während der live Übertragung online in den Pausen gezeigt wurden.
Die Interviews (ca. 2 Stunden) waren mit den Sängern der Hauptcharaktere, dem Konzertmeister, dem Dirigenten, dem Bühnenbildner, etc., also genau mein Spezialgebiet, und auf Deutsch, sollten online aber auch auf Englisch zu hören sein. Meine Aufgabe war es also, genau das möglich zu machen. Ursprünglich hatten die Filmleute gedacht, dass ich das mal eben so simultan dolmetsche und sie das aufnehmen, aber als ich vorschlug, dass es doch professionell klingen sollte (immerhin ist es u.a. von Siemens gesponsert) und es besser wäre, wenn ich die Texte auf Englisch ablesen könnte, sind sie sofort auf meinen Vorschlag eingegangen.
Das Ergebnis sah dann so aus, dass ich die transkribierten Texte ein paar Tage vorher erhielt und in aller Ruhe (naja…) übersetzt habe und dann mit den übersetzten Texten auf Papier – wann habe ich das letzte Mal eine Übersetzung ausgedruckt? – nach Bayreuth ins Tonstudio gefahren bin.
Dort erwartete mich eine kleine Kabine mit Mikro und Bildschirm, auf dem ich die Interviews gesehen habe, während ich das Ganze mit meiner Stimme auf Englisch übersprochen habe. Alles in Allem lief es wirklich gut, der Tontechniker/Cutter und die Redakteurin konnten gar nicht glauben, dass das mein erstes Mal war und wollten gleich meine Karte habe (sehe ich da eine zweite Karriere als “Stimme” am Horizont?)!
Spannend wurde es, als herauskam, dass eines der Interviews gestrichen wurde, weil die befragte Person nicht mehr im Ensemble war, und die anderen Interviews deswegen verlängert werden mussten. Das bedeutete, dass vorher gestrichene Teile wieder eingefügt wurden, von denen ich aber den Text nicht übersetzt hatte. Das Problem lösten wir so, dass die Redakteurin während wir Mittagspause machten die fehlenden Texte auf Deutsch abtippte und ich diese dann Stegreif während der Aufnahmen quasi doch live dolmetschte. Das ging auch erstaunlich gut, v.a. weil ich mir die kniffeligen Teile vorher noch mit Stichworten versehen hatte.
Außerdem waren da noch die Einleitungen zu den einzelnen Akten, von denen ich ebenfalls vorher keine Texte hatte. Das sie aber nicht so lang waren, habe ich sie mir auf Deutsch angehört und gleich ins Englische abgetippt, was ich dann für die Aufnahmen abgelesen habe.
Insgesamt war ich dann zwar doch 8 Stunden lang dort, aber es hat unheimlich Spaß gemacht, nicht zuletzt, weil auch meine zwei Komplizen wirklich gut drauf waren und sich von den Problemen die gute Laune nicht verderben ließen. Am Ende habe ich gemerkt, dass nicht nur meine Stimme, sondern auch ich langsam müde wurde und mein Mund und meine Zunge nicht mehr so wollten wie ich, wir also doch einige Stopps und “den Satz bitte nochmal” hatten, was aber wohl ganz normal und kein Problem ist. Ziemlich platt, verschwitzt (keine Lüftung in der Kabine wegen der Geräusche), aber sehr begeistert bin ich dann wieder Richtung Süden gefahren… ich hätte wirklich nichts dagegen, bald wieder meine Stimme herzugeben…